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Musikschule

Die Geschichte der Tölzer Sing- und Musikschulen von 1875 bis heute

Väter der Musikschule: Erst Kirche und Stadt, dann Schmidt-Gaden und Orff

Der weltweit berühmte Tölzer Knabenchor und die Tölzer Sing- und Musikschule sind durch eine Person unmittelbar miteinander verbunden: Gerhard Schmidt-Gaden. Er gründete 1959 den Verein Singschule Bad Tölz e.V., um dem drei Jahre zuvor gegründeten Knabenchor eine wirtschaftliche Grundlage zu legen. Doch die wahren Anfänge der Musikschule reichen noch einige Jahrzehnte weiter zurück.

Die Anfänge des Musikunterrichts an den Tölzer Schulen finden sich bereits im 19. Jahrhundert
Verdiente Mitglieder von Kirchenchor und Stadtkapelle stehen Pate für den Beginn der Musikschule. Chorregent Julian Wörner gründete 1875 die Gesang- und Musikschule Tölz. Später erteilte Kapellmeister Diemer ebenfalls Unterricht in den Fächern Klarinette, verschiedenen anderen Blasinstrumenten, Violine und Gesang. Nach dem Tod Wörners im Jahre 1893 übernahm ein Aushilfslehrer Namens Jochum sein Amt. Jedoch nach nur knapp einem Jahr verließ er Tölz, sein Nachfolger wurde Johann Christian Braun. Er übernahm zunächst unentgeltlich den Unterricht. Nach einer Prüfung durch die Akademie der Tonkunst bekam er die feste Anstellung als Chorregent.

Erste Städtische Singschule, 1917-1931
Im Jahre 1917 errichtete Josef Kammermeier, seit demselben Jahr Chorregent in Tölz, die Erste Städtische Singschule. Als Gründungstermin wird der 31. März 1917 festgehalten. Trotz eines Einspruchs durch die Lokalschulinspektion stand die Stadt hinter der neueröffneten Einrichtung, die Institution blieb bestehen. Jedoch wurde Kammermeier schon acht Monate später nach Landshut berufen, der Organist Anton Mayer folgte als neuer Leiter der Singschule.
Im Jahre 1920 war die Klassenstärke der Musikschüler schon sehr beachtlich.
I. Klasse: 40 Kinder
II. Klasse: 20 Kinder
III. Klasse 25 Kinder
Solch eine Einrichtung war durchaus notwendig und fand einen großen Anklang in der Bevölkerung.
Die Unterrichtszeit gestaltete sich folgendermaßen:
1. Mittwoch und Samstag von 1 bis 2 Uhr mittags: Lernen der Noten, allgemeine Theorie, Übungen im Treffen mittels der vorkommenden Intervalle
2. Montag und Donnerstag von 11 bis 12 Uhr: Übungen im zweistimmigen Gesang in deutscher und lateinischer Sprache, Einführung in das Volkslied
3. Dienstag und Freitag von 1/2 7 bis 1/2 8 Uhr : Pflege des drei- und mehrstimmigen Gesangs, Übungen im Vokalsingen von gemischten Chören
Untergebracht war die Schule in einem Klassenzimmer im Erdgeschoss des Knabenschulhauses am Schulgraben. 1930/31 gab es bereits vier Klassen mit insgesamt 135 Schülern. Die beste Klasse nahm auch an den KirchenChorproben teil und gestaltete den Gottesdienst mit.
Aber dann folgte ein Schock: Aufgrund einer Haushaltsberatung wurde nach 14 Jahren die Schule 1931 durch den Verwaltungsausschuss geschlossen. Ein Grund hierfür war auch die angeschlagene Gesundheit Mayers.

Rettung durch Kirche und Stadt:
Singschule der katholischen Kirchengemeinde, 1932-1939
1932 errichtete die Katholische Kirchengemeinde eine Singschule. Die Leitung erhielt Anton Kobell. Nach nur sieben Jahren wurde auch sie aufgehoben.

Zweite Städtische Singschule von 1939 geht in Kriegswirren unter
1939 schuf die Stadt Bad Tölz eine neue kommunale Singschule. Die Leitung übertrug man August Grillenberger. Durch seine Einziehung zur Wehrmacht zu Beginn des 2. Weltkrieges wurde der Unterricht unterbrochen und erst wieder nach der Entlassung Grillenbergers 1941/42 aufgenommen.
Durch die Ereignisse in den letzten Kriegswochen ging die Zweite Städtische Singschule unter. Raumnot, existenzielle Probleme und geringes kulturelles Interesse in der Bevölkerung ließen das kulturelle und musikalische Leben in der Stadt stillstehen.

Erst 1956 trat mit der Gründung des Tölzer Knabenchors eine Wende ein.

Der Tölzer Knabenchor und die Musikschule – Gerhard Schmidt und Carl Orff
Verein Singschule Bad Tölz e.V., 1959

Am 8. Juni 1959 wurde der Verein Singschule Bad Tölz e.V. ins Leben gerufen, um dem seit 1956 bestehenden Knabenchor eine bessere wirtschaftliche Grundlage zu verschaffen.
Außerdem erfolgte die Gründung des Vereins zu dem Zweck, in Bad Tölz eine Singschule zu errichten und zu betreiben, um die musische Entwicklung der Jugend zu fördern und damit einem schon zur Tradition gewordenen Bedürfnis der Bevölkerung zu entsprechen. Ein weiteres Motiv für die Errichtung der Singschule war, im Rahmen ihres Unterrichts talentierte Sänger als Nachwuchs für den Tölzer Knabenchor heranzubilden.
Insbesondere ist es den umfassenden Bemühungen des Chorleiters Gerhard Schmidt zu verdanken, dass die nachhaltigen Initiativen vieler Tölzer Eltern schließlich zum Erfolg der Vereinsgründung geführt haben. Sicherlich hätte es zur damaligen Zeit ohne den Einsatz von Gerhard Schmidt keine Gründung einer Singschule in Bad Tölz gegeben.

1. Vorsitzender: Schulrat Hans Schwaiger
2. Vorsitzender: Sparkassendirektor August Meindl
Kassier: Rupert Kollmuß
Schriftführerin: Eva Rogner
Vertreter der Elternschaft: Franziska Schott, Walter Hornig, Dr. Josef Kremser
Laut Schweiger fand die Singschule wieder großen Anklang. 8. Mai 1959: Der Knabenchor zählte 57 Mitglieder, der Schule lagen am 91 Anmeldungen vor.
Die Stadt unterstützte finanziell. Außerdem stellten Spenden einen erheblichen Teil der Finanzen dar. Jedes Jahr flossen 3000 Mark von den Stadtwerken dazu. Von den Eltern gab es Schulgeldzahlungen. Untergebracht war die Schule im Pfadfinderraum der Oberrealschule.
Im Jahre 1959/60 waren 144 Schüler angemeldet, zu Beginn des Schuljahres 1962/63 waren es schon 198. Diese große Zahl brachte einige Probleme mit sich. Trotz unermüdlichem Einsatz von Singschulleiter Schmidt konnte er den Umfang nicht bewältigen. Aushilfskräfte mussten eingestellt werden.
1963 wurde der Knabenchor aufgrund einer Satzungsänderung des Vereins ein selbständiges Unternehmen. Chorleiter Schmidt blieb aber weiterhin Schulleiter und so blieb eine enge Zusammenarbeit der beiden Institutionen gewährleistet.
Im selben Jahr warb Carl Orff seine erste Mitarbeiterin am Orff-Institut in Salzburg, Frau Gunild Keetmann, für den Orff-Instrumentalunterricht. Außerdem stiftete er das erforderliche Instrumentarium.
1964/65 verbesserte sich die räumliche Situation. Chor und Schule fanden im Untergeschoss des neugebauten Jugendheims an der Ecke Hindenburgstr./Alter Bahnhofsplatz eine neue Bleibe.
1964 übernahm der Oberlehrer der Knabenvolksschule Heinrich Müller die Schulleitung. Studienrat Siegfried Hämmerle, Oberlehrer Müller, Chorregent Alfons Striz und Musikstudent Bernd Hampe wechselten sich bei der Leitung des Singunterrichts ab.
1966/67 erreichte die Schülerzahl einen Tiefstand: nur 52 Schüler.
1968 ging es wieder bergauf: 160 Kinder und Jugendliche besuchten regelmäßig den Unterricht. Im selben Jahr erhielt die Einrichtung den Namen Sing- und Musikschule Bad Tölz e.V..
1968/69 wurden die 160 Schüler in 10 Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe erhielt wöchentlich je eine Orff-Instrumental- und eine Sing- und Chorstunde. Zahlreiche öffentliche Auftritte gaben einen Einblick in das Können der Schüler.
Seit 1969/70 ist die Sing- und Musikschule eine unentbehrliche Einrichtung für Bad Tölz.
In diesem Jahr pendelte sich der Schülerstand auf 230 Kinder ein, aber die Schülerzahl wuchs; eine Neuorganisation des Unterrichts und die Verpflichtung qualifizierter Lehrkräfte wurden unumgänglich. Ab September 1969 waren u.a. folgende Lehrer tätig:
• Birgit Niedernhuber (Schulleitung, Flöte, Grundunterricht)
• Adolf Reis (Schulleitung, Klarinette, Grundunterricht)
• Rainer Engelmann (Klavier)
• Erich Schubert (Harfe, Hackbrett, Gitarre)
1970/71 fand zum ersten Mal die Musikalische Früherziehung an der Schule statt.
Mit wachsender Größe der Einrichtung erhöhte sich auch die finanzielle Unterstützung durch die Stadt und den Landkreis. Zeitweilige finanzielle, räumliche und personelle Probleme wurden immer wieder gelöst, aus der Krise zog man positive Schlüsse. Zahlreiche Konzerte präsentierten das Können der Schüler in der Öffentlichkeit (Bettelhochzeit, Orff-Weihnachtsspiel, Faschingsfeiern, Till Eulenspiegel, etc.)
Innerhalb von 15 Jahren gab es viele personelle Veränderungen. (Birgit Niedernhuber als Schulleiterin erwähnen?)
1983 war der Umzug in die Räume an der Jahnstraße perfekt, ein neues Kapitel brach an. Rund 18 1/2 Jahre diente das städtische Jugendheim als musische Wirkungsstätte.
Das 25-jährige Jubiläum 1984 feierte man mit einer Festwoche. Verschiedene Konzerte für Soloinstrument und Orchester, ein Vortragsabend und ein Abschlusskonzert mit der Aufführung der Kinderoper Die zertanzten Schuhe feierten große Erfolge.
1979/80 zählte die Schule 450 Schüler, dann fiel die Zahl 1984 auf 337 Kinder.

Stabilität durch hauptberufliche Schulleitung
Eine neue Ära der Sing- und Musikschule begann durch die Wahl des Vorstands im Jahr 1989 und durch die erstmalige Bestellung einer hauptberuflichen Schulleitung im Jahr 1990.
Die Vorstandschaft setzte sich wie folgt zusammen:
1. Vorsitzender: Dr. Walter Frei
2. Vorsitzender: Albert Schäffenacker
Kassenwart: Heinz Krug
Schriftführerin: Christl Frei
Schulleiter: Harald Roßberger
Elternvertreter: Waltraud Buchert, Chantal Daffner, Alcira Höfling, Günther Nagel, Franz Schwaighofer
Vorrangige Ziele von Vorstand und Schulleitung waren
- die wirtschaftliche Stabilität der Musikschule
- das Erfüllen der strengen Vorgaben der Bayerischen Sing- und Musikschulverordnung
- die Überführung der Lehrkräfte von freien Mitarbeiterverhältnissen in feste Arbeitsverhältnisse sowie der
- Ausbau des Fächerangebotes.
Wurden im Jahr 1989 rund 280 Schülerinnen und Schüler an der Einrichtung unterrichtet, waren im Jahr 2005 nahezu 800 Fächerbelegungen gemeldet. 2006 erteilen 28 musikpädagogisch qualifizierte Musiklehrer wöchentlich rund 300 Unterrichtsstunden.
Das Veranstaltungswesen der Musikschule wurde strukturiert und deutlich ausgeweitet, so dass seit 2005 in jedem Jahr rund 100 öffentliche Veranstaltungen von der Sing- und Musikschule durchgeführt oder mitgestaltet werden. Jedes Jahr erleben 5 000 bis 10 000 Zuhörer die Auftritte von Schülern und Lehrern der Einrichtung.
Durch vielfältige Formen der Zusammenarbeit mit anderen Bildungsträgern, kulturellen und sozialen Einrichtungen sowie mit Kooperationspartnern wurden lokale und regionale Kräfte gebündelt und in den Dienst der musikalischen Erziehung junger Menschen gestellt.
Demzufolge fanden das 35-jährige Bestehen der Musikschule (1994), das 40-jährige Bestehen (1999) und das Jubiläum zum 50-jährigen Bestehen (2009) große öffentliche Beachtung.
Zum 50-jährigen Bestehen wurde der Bayerische Musikschultag mit zahlreichen Großveranstaltungen in Bad Tölz ausgerichtet.
Mit größerem Unterrichtsumfang, erweiterten Tätigkeitsfeldern und erhöhten Personalkosten stieg auch der Finanzierungsanteil, der nicht durch Unterrichtszahlungen der Eltern gedeckt werden konnte. Neben dem staatlichen Zuschuss war für die Sing- und Musikschule vor allem die Unterstützung durch die Stadt Bad Tölz hilfreich und lebensnotwendig. Dankbar ist die Sing- und Musikschule für eine stetige Unterstützung durch die Stadt Bad Tölz und für die Anpassung ihrer Zuschüsse entsprechend der jeweiligen Entwicklung.

Die wachsende Schule braucht mehr Platz
Aber die Räumlichkeiten an der Jahnstraße reichten für den Umfang der inzwischen erreichten Unterrichtskapazität nicht mehr aus. Die Vorstandschaft des Trägervereins rückte das Anliegen, die räumliche Situation für den Unterrichtsbetrieb zu verbessern, ins Zentrum ihrer Aktivität.
Durch einen stetigen Anstieg der Schülerzahlen sowie durch Ausweitung des Angebots waren die Räumlichkeiten im Hinblick auf Anzahl und Größe der Räume nicht mehr angemessen, dazu nagte der Zahn der Zeit an den akustisch wenig geeigneten Räumlichkeiten in der Jahnstraße.
Im Lauf von 10 Jahren wurden verschiedene Alternativmöglichkeiten überlegt, geprüft und wieder verworfen. Schließlich fiel das Hauptaugenmerk auf das ehemalige Finanzamt am Schloßplatz. Durch den Umzug der Behörde auf die Tölzer Flinthöhe sowie durch den einstimmigen Beschluss des Tölzer Stadtrates zum Kauf des Gebäudes durch die Greiner-Stiftung wurde der Weg frei für eine Nutzung durch die Musikschule, die VHS und eine Beratungseinrichtung. Durch den Umbau des Gebäudes entstand neben 13 Unterrichts- und Verwaltungsräumen auch ein Vortragssaal mit Platz für rund 120 Personen (wann fand das alles statt?).
Mit dem Namen des Gebäudes (Greiner-Kulturhaus) wird an das Stifterehepaar (Vornamen!) Greiner erinnert, das durch großzügige Hinterlassenschaften insbesondere soziale und kulturelle Aufgaben in Bad Tölz unterstützen wollte.

Bis heute hat sich die Sing- und Musikschule Bad Tölz höchst erfreulich weiterentwickelt. Im Laufe der vergangenen Jahre haben sich Dutzende von Schülern erfolreich am Wettbewerb Jugend musiziert beteiligt.
Zahlreiche Kooperationen innerhalb der kommunalen Bildungslandschaft wurden initiiert, mit Leben gefüllt und ausgebaut.
Die Sing- und Musikschule ist mit der Einrichtung von FSJ- und Ausbildungsplätzen neue Wege gegangen und richtet gemeinsam mit der Tourist-Info Bad Tölz die Veranstaltungsreihe Bad Tölz - Stadt mit der besonderen Note aus.
Zahlreiche Großprojekte konnten realisiert werden, zum Teil in alleiniger Verantwortung, zum Teil in Kooperation mit dem Gabriel-von-Seidl-Gymnasium, der Katholischen Kirche und der Tölzer Stadtkapelle. (Musical Anatevka, Tanztheater Der Hexenmeister und Krabat, Kirchenkonzerte, Sinfoniekonzerte u.v.a.m.).
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Tölzer Gymnasiums sollte im Januar/Februar 2021 das komplette Musical West Side Story auf die Bühne gebracht werden. Corona-bedingt ist diese Produktion um ein Jahr nach hinten verlegt worden.